Smart Cities

Ganz schön schlau

2016 gab es 512 Städte mit mindestens 1 Million Einwohnern, 2030 werden es laut UN-Schätzungen schon 662 Städte sein. Dann leben etwa 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, das entspricht mehr als 5 Milliarden Menschen, die sich auf engstem Gebiet konzentrieren.

Das stete Wachstum bringt für die Städte viele Probleme mit sich: Wie können sich die Bewohner freier durch die Metropole bewegen, ohne dass der Verkehr kollabiert? Wie lässt sich der Energieverbrauch bei steigendem Bedarf reduzieren? Wie können die Städte den Wasserkonsum verringern? Und wie kann der täglich anfallende Müll in Energie verwandelt werden? Aufgrund der fortgeschrittenen digitalen Möglichkeiten entwickeln Forscher und Unternehmen zunehmend intelligente städtische Steuerungssysteme – „smarte“ Lösungen. Siedlungsräume, die sich auf ökologischer, ökonomischer oder sozialer Ebene besonders um nachhaltige Lösungen bemühen, unterstützt von vernetzten Informations- und Kommunikationstechnologien, nennen sich „Smart Cities“.

„Smart“ nach Plan
In Asien entstehen gegenwärtig hochtechnologisierte Planstädte, die derartige Strukturen schon von Anfang an mitgedacht haben. Zum Beispiel der Songdo International Business District : In der Region Seoul ist seit fast 15 Jahren ein neues Wohn- und Arbeitsareal für etwa 70.000 Einwohner im Bau, die Fertigstellung des letzten Abschnitts ist für 2020 geplant. Von den Menschen, die dort leben und arbeiten, werden rund um die Uhr umfangreiche Daten gesammelt: der öffentliche Raum, bisweilen auch der private, sind videoüberwacht, die Anwohner haben multifunktionale Chipkarten für die ÖPNV-Nutzung, Krankenversicherung, Zugang zu Wohnung und Bankdiensten. In den Appartements werden unter anderem individuelle Verbrauchs- und Zugangsdaten erhoben, sodass Bewegtbilder entstehen, die die Steuerung der Energieversorgung unterstützen. Durch die Vernetzung sollen bis zu 30% des Energie- und Ressourcenverbrauchs gegenüber konventionellen Siedlungen eingespart werden.

Während die Optimierung der Alltagsabläufe in diesen Städten schon in der Entwicklung mitgedacht worden ist, geht es in über Jahrhunderte oder Jahrzehnte gewachsenen Wohngebieten darum, die vorhandenen Strukturen zu verbessern. Um das Leben der Bewohner vor allem in den Bereichen Verkehr, Energie und Datenmanagement zu erleichtern und digitale Systeme in Verwaltung und öffentliches Leben zu integrieren, müssen die Lösungen einfach und effizient sein.

Lebensqualität erhalten
In Kopenhagen in Dänemark erfassen beispielsweise Sensoren in Laternen, Kanälen, an Ampeln und Abfallbehältern die Abfallmenge, den Lärm, die Kohlendioxidemissionen und Luftverschmutzungsdaten. Mit Hilfe der Ergebnisse lassen sich Abläufe in der Stadtverwaltung nutzer- und klimafreundlicher gestalten.

Wien gilt derzeit als Stadt mit der höchsten Lebensqualität weltweit (Studie „Quality of Living“, MERCER 2016). Damit dies auch in Zukunft so bleibt, hat die Verwaltung eine Smart City-Strategie entwickelt. Zu den ressourcenschonenden Innovationen gehört unter anderem die Bereitstellung einer App „ANachB“, die den günstigsten Weg von A nach B plant, unter Berücksichtigung von Verkehrsfluss, persönlichen Neigungen und Wetterlage. Reisezeiten und der CO2-Ausstoß der unterschiedlichen Verkehrsmittel werden verglichen (https://anachb.vor.at).

Ein weiteres Großprojekt ist der Bau der Seestadt Aspern. Auf einem Gebiet von 240 Hektar entsteht bis 2028 ein „smarter“ Stadtteil für 20.000 Menschen mit einem Gesamtenergiekonzept und intelligenter Mobilitätsstrategie.

Das eigentliche Ziel dieser und anderer Projekte ist jedoch nicht die Optimierung durch Digitalisierung, sondern eine klimaverträgliche und somit zukunftsfähige, lebenswerte Stadt für alle ihre Bewohner. An wegweisenden Ideen mangelt es nicht, auch an der Umsetzung wird fleißig gearbeitet. Die Zukunft kann kommen.

Der DPD City Hub in Seestadt Aspern, Wien:
 DPD Austria, dessen Partner und größter Mitgesellschafter Gebrüder Weiss ist, hat in der Seestadt Ende letzten Jahres einen „DPD City Hub“ eröffnet. Er soll als Zwischenlager für Pakete dienen, die von dort aus mit einem Elektrolastenrad oder –transporter in dem modernen Stadtteil umweltfreundlich und emissionsarm verteilt werden. Der City Hub kann natürlich auch zur Aufgabe von Paketen oder zur Aufbewahrung bis zur Abholung durch den Empfänger zu kundenfreundlichen Öffnungszeiten genutzt werden.

Eile auf der letzten Meile
Mit dem starken Wachstum des E-Commerce in den letzten Jahren, vor allem im B2B und B2C Markt, haben die Anforderungen an die Logistiker auf Kundenseite zugenommen. Das Geschäft auf der letzten Meile konzentriert sich auf einen immer knapperen Zeitraum. Infolgedessen rücken Lagerflächen näher an das Stadtzentrum, die Lieferwege verkürzen sich. Same Day Delivery ist schon längst keine Seltenheit mehr, Auslieferungen innerhalb weniger Stunden sind das ehrgeizige Ziel vieler Anbieter. Um dies leisten zu können, setzen die Kurier-,Express- und Paket (KEP)-Dienstleister auf innovative, smarte Lösungen bei der Wahl von Zustellfenstern oder alternativen Zustellmöglichkeiten:

  • Lieferung des Pakets mit einer Drohne oder Lieferroboter
  • Ablage der Ware im Kofferaum des geparkten Pkw des Empfängers
  • Google hat sich bereits ein Patent auf einen selbstfahrenden LKW gesichert, der statt eines Laderaums viele kleine Fächer hat, die mit Paketen befüllt werden und vom Empfänger per PIN und Barcode auf dem Smartphone geöffnet werden können.
  • Hinterlegung der Lieferung in einem Paketshop, Paketstation oder Paketbox.
  • Nutzung der Paketboxen als Zwischenlager der KEP-Dienstleister, um die Ware dann auf der letzten Meile per Fahrrad oder Elektromobil zuzustellen.
  • Änderung von Zustellort oder –zeit während des Zustellprozesses: Dank vernetzter Buchungssysteme ist Rerouting durch den Kunden jederzeit möglich.
  • Versendung eines aktiven Lieferavis mit genauer Information über den Zustellzeitpunkt.



Imke Borchers ist Literaturwissenschaftlerin und Redakteurin für den Atlas.

Artikel Teilen

Alle Artikel